Blacher, Dessau, Hartmann, Henze, Wagner-Regeny: Jüdische Chronik (Text: Jens Gerlach)
Benjamin Britten: Cantata misericordium
Arnold Schönberg: Kol nidre
Samstag, 29. September 2007
um 20:00 Uhr
im Konzertsaal Hardenbergstraße
Unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters von Berlin Klaus Wowereit
Mit der Jüdischen Chronik führte der Hugo-Distler-Chor Berlin ein ebenso eindrückliches wie umstrittenes Werk zeitgenössischer Musik auf.
Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges taten sich für dieses Stück west- und ostdeutsche Komponisten zusammen, um ein gemeinsames Zeichen gegen den wieder erstarkenden Antisemitismus in Deutschland zu setzen. Boris Blacher, Karl Amadeus Hartmann und Hans Werner Henze aus der Bundesrepublik sowie Paul Dessau und Rudolf Wagner-Régeny aus der DDR komponierten ein Werk, dessen musikalische Sprache von skandierendem Sprechgesang bis zu flüsternder Mahnung reicht und ihre emotionale Wirkung bis heute nicht verfehlt. Der Text, den der Schriftsteller Jens Gerlach verfasste, thematisiert den Aufstand im Warschauer Ghetto in zum Teil drastischen Worten und ruft dazu auf, sich gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus zu wehren: „Dies geschieht heute: … Besudelt sind etliche Brücken und Strassen mit den verfluchten Schmähungen von einst …“ heißt es im Prolog des Werkes. Darüber allerdings, in welcher Form der Holocaust überhaupt Gegenstand von Musik nach 1945 werden sollte, gingen die Meinungen der Rezipienten der Jüdischen Chronik weit auseinander.
Als weitere Stücke waren zu hören: „Cantata misericordium“, das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, von Benjamin Britten zum 100. Gründungstag des Roten Kreuzes komponiert, und Arnold Schönbergs „Kol nidre“, eine Vertonung des Gebets zum jüdischen Versöhnungstag Jom Kippur.
Das Konzertprogramm wurde begleitet durch ein pädagogisches Angebot an Berliner Schulklassen. Außerdem stellte das Anne Frank Zentrum Berlin im Rahmen der Veranstaltung seine Arbeit vor.
Orchester: Berlin Sinfonietta (Kammerorchester des BSO)
Solisten: Waltraud Heinrich (Alt), Volker Arndt (Tenor), Jörg Gottschick (Bariton/Sprecher)
Dirigent: Stefan Schuck